Wälder, Berge und einsame Landstraßen. Willkommen auf Vancouver Island.
"What happens in Ukee stays in Ukee", spricht ein Aufkleber auf einem für BC obligatorischen Oversize-Pickup. Und mit dieser simplen Stoßstangen-Weisheit ist schon viel über das verschlafene Nest an der Westküste von Vancouver Island gesagt. Uclulet - neben Tofino im Nordwesten eine verpflichtender Stop auf dem touristischen Pilgerpfad entlang der kanadischen Pazifikküste - verströmt den Charme einer "am Ende der Straße Ortschaft". Ein paar verwitterte Holzfassaden, denen man das raue, von Stürmen und ergiebigen Niederschlägen geprägte Klima deutlich ansieht, eine Shopping Mall die den konsum-assoziativen Namen nicht verdient, ein Surfshop, ein schnuckliges Café und ein überschaubarer aber durchaus pittoresk gelegenen Hafen. Mit den angebotenen WhaleWatching-Touren und Angelausflügen erinnert mich Ukee stark an die noch etwas verlasseneren Siedlungen an Neuseelands Küstenlinie nördlich des Fjordland - ich mag's. Ich mag's sogar sehr. Greta hingegen bekommt den Blues. Vor allem wenn es regnet, so wie gestern.
Aber eigentlich wollte ich über die Inselquerung schreiben, eine mehrtägige Exkursion durch das Innere von Vancouver Island, über gefühlt 4000 Meter hohe Pässe und entlang bildschöner Seen,
gesäumt von undurchdringlichen Regenwäldern. Und das ist jetzt keine Schreiber-Rhetorik, sondern mein voller Ernst, denn selbst wenn man ambitioniert in das Dickicht hätte vordringen wollen, wäre
man vermutlich nach nicht einmal wenigen Metern in der misslichen Lage gewesen, ohne fremde Hilfe weder vor noch zurück zu kommen. Der Schwarzbär
allerdings beherrscht die Fortbewegung durchs Unterholz offenbar, so plötzlich, wie er Armlängen entfernt vor uns auftauchte, verschwand er auch wieder in der grünen Wand.
Anstrengend war es, ein ständiges Auf und Ab. Dreieinhalb Tage haben wir gebraucht, um von Parksville nach Uclulet zu pedalieren. Dreieinhalb Tage, an denen ich mehr als einmal daran dachte, wie
unglaublich chillig es wäre, mit einem Camper oder zumindest einem Van zu reisen. Dreieinhalb Tage, an denen wir jeden Abend, stolz auf unser Tageswerk, das Zelt aufstellten, unsere Vorräte an
einem Baum verzurrten und uns - nachdem der Benzinkocher verstummte - in die Schlafsäcke rollten. Knie, Sehnen, Muskeln - alles gut. Nach unserer bisher längsten Etappe von über 70 Kilometern und
der anschließenden - aus Mangel an Zivilisation und Alternativen - wildgecampten Nacht am Ufer des wunderbaren Lake Kennedy fühlen wir uns fast unbesiegbar. Der Stoke saß auf jeden Fall mit im
Abendrot am Seeufer und flüsterte uns mit berauschender Intensität ins Ohr, in diesem Moment genau das richtige zu tun. Ja, eine gewisse Ambivalenz hat das Reisen mit den Rad schon inne.
/Al
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MaRo (Samstag, 26 Juli 2014 13:08)
Wahre Worte, die mich sehr an meine zwei Wochen Sattel in Marokko erinnern. Auf und ab, ein paar Schmerzen (besonders am Gesäß) hier, ein Hungerast dort, ein Geschmack was "Ewigkeit" bedeutet nach Kilometern mit Gegenwind und dann die Siegesfeier am Abend mit Aussicht, Panorama, Ruhe, Geschichten und der angenehm gespannte Bauch... Kleine Sachen machen einen sehr dankbar bei solchen Reisen.
Malu (Dienstag, 29 Juli 2014 08:50)
Wunderbare Bilder! Ich nehme sowohl die unglaubliche Anstrengung ( inklusive Entbehrungen) als auch die fantastische Belohnung der Etappen wahr! Weiter so - bin sehr gespannt auf weitere Stories :-)
Maria (Donnerstag, 31 Juli 2014 14:20)
Ich finde es übrigens sehr toll, dass ihr die ganze Zeit mit Helm fahrt...oder habt ihr Schlingel die Helme nur fürs Foto an?
Außerdem: ich habe erst 2x Bier auf Fotos gesehen...ich mache mir Sorgen! So kenne ich euch gar nicht! Nicht, dass ihr mir vollkommen versaut von dieser Tour wieder in D ankommt und wir wieder Aufbauarbeit in Beuel leisten müssen... .