Lost im Hohen Venn: Auch imaginäre Berge machen durstig.
Der Vennbahn-Weg ist quasi die Autobahn unter den Radwegen. Gut geteert, groß beschildert und stark frequentiert, zeigt er wie ein mit dem Lineal gezogener Strich auf Sankt Vith. Kinder, Alte, Lahme, sportlich Ambitionierte. Alles was sich im Sattel halten kann, ist auf dem auf dem mutmaßlich Höhenmeter vermeidenden Asphaltsteifen unterwegs.
Zuerst ist die Freude groß – schließlich begann der Tag schon mit einer Bergetappe. Nach etwa zehn Kilometern stellt sich eine gewisse Langeweile ein – monotone Mainstream-Meilen, nichts für Kontinentdurchquerer und Eifelbezwinger. Dann plötzlich wird’s zäh – weit und breit kein Berg in Sicht. Ist er jetzt doch da, der Wahn? Jetzt beschleichen uns langsam Zweifel an unserer Wahrnehmung. Jeder Meter ist beschissen anstrengend und in Gedanken verfluche ich das Radfahren: »Wer kommt eigentlich auf so hohle Ideen, weite Strecken mit dem Velo zurücklegen zu wollen? Spätestens in Seattle kaufen wir uns nen Van und fahren nur noch Trails. Dann müssen wir auch nicht mit so nem weichgespülten Profil durch die Gegend treten. Und in Kanada kann man das Gipfelglück schließlich mit dem Lift erfahren. Wenn wir zu Hause sind, strippe ich erstmal den ganzen Gepäck-Shit. Das Rad schaut mit Stollen eh viel besser aus...«
Wir diskutieren, ob der Wind schuld ist an unserem Radweg-Waterloo, oder ob die gleichförmige Heidelandschaft wohl geschickt die eigentlich brachiale Steigung kaschiert. Alles lamentieren nützt
nichts, es gibt offenbar Anstiege wo keine Anstiege sein dürften. Als wir den Ortsrand von Sankt Vith erreichen, verbuche ich das Erlebte unter Empirie des Radreisens und bin mir ziemlich sicher,
dass das Phänomen im nächsten halben Jahr noch häufiger thematisiert werden wird.
/Al
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Tja (Dienstag, 10 Juni 2014 15:37)
Hammer geil:)